Mecklenburg-Vorpommern – 30 Jahre Schutzgebiete

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Mecklenburg-Vorpommern – 30 Jahre Schutzgebiete

 

Die Nationalen Naturlandschaften verbinden in Deutschland Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturparke zu einer Familie von Schutzgebieten für Natur und Landschaft.

Absoluter Vorreiter dieser Schutzzonen ist innerhalb Deutschlands Mecklenburg-Vorpommern. Bereits vor der Wiedervereinigung haben sich hier engagierte Personen für Maßnahmen zum Erhalt besonders schützenswerter Zonen eingesetzt. Heuer feiert das Bundesland 30 Jahre Schutzgebiete.

Wir haben uns auf den Weg gemacht und drei beispielhafte Schutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern besucht.

 

Biosphärenreservat Südost-Rügen

 

Von Lauterbach im Südosten Rügens aus begeben wir uns auf eine Exkursion zur Insel Vilm. Mit Guide Andreas Kuhfuß und Ranger Steffen Sprenger setzen wir im Boot „MS Julchen“ auf die Insel Vilm über, die zu den Kernzonen des Biosphärenreservates Südost-Rügen gehört. Gäste können diese nur im Rahmen von geführten Touren der Fahrgastreederei Lenz besuchen, die – bis auf einige Ausnahmen – von Frühjahr bis Herbst stattfinden. Ansonsten bleibt die Insel ganz sich, einer Schafherde und einem Wachmann überlassen. Lediglich aus einer ehemaligen Ferieneinrichtungen für DDR- Minister machte man 1990 kurzerhand eine Umweltakademie, in der heute gelegentlich naturschutzrechtliche Seminare stattfinden.

Vom Ranger erfahren wir, was „Biosphärenreservat“ eigentlich bedeutet: „Biosphäre heißt wörtlich übersetzt Lebensraum. Und ‚reservare‘ so viel wie bewahren. Es geht darum, das Verhältnis zwischen dem wirtschaftenden Menschen und dem Schutz der natürlichen Ressourcen in Einklang zu bringen!“

Stileichen, Rotbuchen, Hainbuchen, Bergahorn und sogar Ulmen sind auf Vilm teilweise bis zu 400 Jahre alt. Das Totholz bleibt liegen und darf seinen natürlichen Prozessen freien Lauf lassen.  Das tut dem Boden gut und auch der Insekten- und Pilzwelt. Baumschwämme, Korallenpilze und sogar der „Astige Stachelbart“ sind zu finden. Im Frühjahr blühen zahlreiche Wildkräuter auf den Wiesen, jetzt im Herbst finden wir die Goldrute, Schlehen-Sträucher und sogar wilde Birnen. Abends treffen wir im Restaurant Kormoran auf Geschäftsführer Till Jaich, der das Projekt Biosphärenreservat federführend vorangetrieben hat. Heute ist er Vermieter von naturnahen Unterkünften für sanften Tourismus.

Wir fahren jedoch noch ein Stückchen weiter, nach Baabe, und mieten uns im hübschen, mit Reet gedeckten Hotel Solthus am See ein.

 

Nationalpark Jasmund

 

Am nächsten Morgen treffen wir, rund eine Fahrstunde entfernt, beim Parkplatz an der Stubbenkammer auf Prof. Dr. Hans Dieter Knapp. Als Geobotaniker und Landschaftsökologe hat er vor 30 Jahren maßgeblich bei der Ausweisung der Nationalparke und Biosphärenreservate in Mecklenburg-Vorpommern mitgewirkt.  Allein seine Erscheinung mit weiß wehendem Haar, langem Regenmantel, Hut und Wanderstock, deutet auf einen interessanten Mann hin, was sich bei seinen ausführlichen Erzählungen schnell bestätigt.

„Hier, im kleinsten Nationalpark Deutschlands, steht der Dreiklang der einzigartigen Wälder, der Kreideküste und dem Meer im Vordergrund“, so Prof. Knapp.

Mit ihm erkunden wir den ausgedehnten UNESCO-Weltnaturerbe-Buchenwald an der Kreideküste und bekommen dabei Einblicke in die verschiedenen Lebensräume des Nationalparks Jasmund. Beeindruckend, wie die mächtigen Kronen der Buchen ein Dach bilden, das nach unten dem Sonnenlicht wenig Chancen gibt und somit im Schatten auch kaum das Aufkommen anderer Baumarten. Dennoch scheint der Wald „licht“ und macht Lust auf Spaziergänge. Vielleicht bis ins 90 Minuten entfernte Sassnitz, zur Wanderhütte am Fuße des Welterbes.

Professor Knapp erzählt von der Geschichte der Schutzgebiete und natürlich führt er uns zum Aussichtsplateau am Königstuhl und zur Viktoriasicht, den beiden besten Fotopoints auf die Kreidefelsen. Da die Natur hier ständigen Veränderungen unterliegt und von den Kliff-Rändern immer wieder große Teile abbrechen, wird 2021 eine neue, stabile  – jedoch nicht unumstrittene – Aussichtsplattform gebaut werden, um dauerhaft die Sicht auf die berühmten schneeweißen Felsen gewährleisten zu können.

 

Kreidefelsen und Nationalpark-Zentrum Königsstuhl

 

Von den rund 1,5 Millionen Menschen, die jährlich Rügen besuchen, wollen 500 000 – 800 000 die Kreideküste sehen. Nicht selten passieren Unfälle, meist weil Gäste bei Fotografieren zu nahe an den Klippenrand treten. Weil der Sand-Mergelboden jedoch keine stabile Bindung bietet, bricht er durch Abwitterung und letztlich unter dem Gewicht der Menschen leicht ab. Komplizierte Rettungseinsätze sind oftmals die Folge. Die Ranger bitten um Vorsicht und die Akzeptanz von Schutzabzäunungen.

Zurück beim Nationalpark-Zentrum Königsstuhl, lohnt noch ein Rundgang durch die Erlebnisausstellung des Nationalpark-Zentrums. Hier wird auf spannende Art Unsichtbares sichtbar gemacht und im Multivisionskino auf vier Leinwänden dargestellt, was die unberührte Natur der Buchenwälder so wertvoll macht.

Unser Vorhaben, das Seedorfer Hügelland zu erwandern und dabei noch zu erfahren, wie im Biosphärenreservat Naturschutz und menschliche Bewirtschaftung in Einklang gebracht werden, fällt leider heftigen Regengüssen zum Opfer.

 

Jagdschloss Granitz und Granitzhaus

 

Wir überbrücken die Zeit mit einem kurzen Besuch im Jagdschloss Granitz und dem unterhalb liegenden Granitzhaus. Hier befindet sich das Informationszentrum des Biosphärenreservats Südost-Rügen, das auf kleinstem Raum alle Landschafts- und Küstenformen der Region widerspiegelt.

Abends klart es wieder auf und ermöglicht doch noch einen kleinen Spaziergang mit schönen Ausblicken auf die Ostseebäder Baabe und Sellin. Mit der Ruderfähre Moritzdorf setzen wir zum Hafen Baabe über. Fährmann Kay-Uwe Strandmann betreibt das Fährhaus Moritzdorf und setzt seit 31 Jahren Gäste über. In der Hauptsaison rudert er oft 40 Mal am Tag! Wenn es sein muss auch spät abends.

 

Fischland-Darß-Zingst

 

Am nächsten Morgen fahren wir zum Ostseebad Prerow, wo wir auf Julia Bülow vom Tourismusverband Fischland-Darß-Zingst sowie auf Katrin Bärwald und Ranger Lutz Storm vom Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft treffen. Nachdem wir uns Fahrräder ausgeliehen haben, geht es durch herrliche Waldlandschaft bis zum Darßer Ort. Auffällig ist, wie sich der Buchenwald zum Kiefernwald verändert.

 

Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft

 

Die Bodden, einzigartige Lagunen der Ostsee und eine Küste in ständiger Bewegung bilden zusammen den größten Nationalpark an Deutschlands Ostseeküste. Diese ursprüngliche Naturlandschaft soll vom Menschen so wenig wie möglich beeinflusst werden. „Die Natur, Natur sein lassen“ ist das Ziel.

Der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft ist ein Musterbeispiel für eine bewegte Landschaft. Mit unermüdlicher Energie bewirken die Brandung und die Strömung hier an den Küsten ständige Veränderungen. An den Westküsten wird vom Meer ständig Sand abgetragen, der über die Strömung weiter ostwärts im flachen Wasser abgelagert wird. Irgendwann fallen diese Flächen – je nach Windeinfluss – trocken. Kräftige Winterstürme gestalten Strandwälle, die als Sandhaken ins Meer wachsen. So entsteht über Jahrzehnte ein Mosaik aus Dünen, Strandseen und Sümpfen. Vom Leuchtturm am Darßer Weststrand aus gewinnt man einen guten Eindruck, wie Wind und Wasser die einzigartige Landschaft zwischen Ostsee und Bodden immer wieder neu formen.

 

Darßer Ort

 

Gemeinsam mit Ranger Lutz Storm erkunden wir den etwa 4 Kilometer langen Rundwanderweg Darßer Ort. Er startet und endet am Natureum, einem Museum am Leuchtturm, und führt auf einem Holzbohlenweg durch die Dünenlandschaft.

Vorbei an mehreren Strandseen und Beobachtungsstationen sieht man eindrücklich die Auswirkungen dieser geologischen Prozesse. Lutz erklärt, dass die Landschaft dort, wo wir starteten, bereits mehrere Jahrhunderte alt ist. Gut erkenntlich an den Buchenwäldern. In der jünger entstandenen Landschaft siedeln sich flach wachsende Kiefern an. Der perfekte Ort, um Rothirsche zu beobachten, die hier ihren idealen Lebensraum finden. Auch seltene Wildrosenarten haben hier ihre Heimat. Ein Fernglas, Kamera sowie Wind- und Wetter feste Kleidung sollten also immer im Rucksack der Naturliebhaber sein!

Zum Abendessen empfiehlt sich der Erlebnishof Gut Darß, ein Biobauernhof mit Rinder- und Wasserbüffelzucht.  Neben vielen Fleischgerichten stehen aber auch Fisch und vegetarische Gerichte auf der Karte.

 

Kranichbeobachtung bei Pramort

 

Wir übernachten im Hotel Schlösschen Sundische Wiese, das malerisch am Waldrand in der Nähe von Zingst liegt. Der schöne Gastgarten ist beliebt bei Radfahrern als Raststation.

Zeitig am Morgen machen wir uns noch bei Dunkelheit auf den Weg nach Pramort. Von dort aus beobachten wir den morgendlichen Abflug der Kraniche, die von September bis Ende Oktober zu Tausenden in der Region „Darß-Zingster Boddenkette und Rügen“ Kraft für ihren Weiterflug in den Süden schöpfen.

Ein einmaliger Anblick, der nachhaltig im Gedächtnis bleibt und klar verdeutlicht, wie wichtig diese Schutzgebiete für Fauna, Flora und dadurch letztendlich auch für den Menschen sind!

 

Infos über den

 

Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern

www.auf-nach-mv.de

 

Fahrgastreederei Lenz

www.vilmexkursion.de

 

Biosphärenreservatsamt Südost-Rügen

www.biosphaerenreservat-suedostruegen.de

 

Restaurant Kormoran

www.im-jaich.de

 

Hotel Solthus am See

www.solthus.de 

 

Nationalparkamt Jasmund

www.nationalpark-jasmund.de 

 

Nationalpark-Zentrum Königsstuhl

www.koenigsstuhl.com

 

Tourismusverband Fischland-Darß-Zingst

www.fischland-darss-zingst.de

 

Nationalparkamt Vorpommern

www.nationalpark-vorpommersche-boddenlandschaft.de

 

Gut Darß

www.gut-darss.de

 

Hotel Schlösschen Sundische Wiese

www.hotelschloesschen.de 

 

Besonderer Dank gilt dem Fotografen Jürgen Reich. Das Kranichbild ist eine Ausschnitt-Reproduktion seines wunderschönen Fotos, das derzeit am Leuchtturm im Rahmen einer Ausstellung als Plakat gezeigt wird. Es wurde mit seinem freundlichen Einverständnis veröffentlicht.

 

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Alle Inhalte unterliegen dem Copyright und spiegeln lediglich die Meinung der Autorin wieder. Adelheid Wanninger, 2020