Auf den Spuren der Inkas

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Auf den Spuren der Inkas

Eine Reise ins grüne Herz unserer Erde

Peru ist ein Land der Kontraste. Was sich in Höhenunterschieden von sechseinhalb tausend Metern und vielerlei Klimazonen eindringlich verdeutlicht, ist kulturell weit schwieriger zu erschließen.  Gerade dabei eröffnet sich jedoch der ganze Facettenreichtum dieses vielfältigen Landes.

„Sie fliegen auch nach Lima? Meine wunderschöne Heimatstadt, dort bin ich geboren“, strahlt mich Francesco Petrozzi, seit 20 Jahren Sänger an der bayerischen Staatsoper, am Münchener Flughafen an.

Ich erkläre ihm, dass ich mich auf meiner Peru-Reise auf die Spuren der Inkas begeben möchte, anlässlich einer Ausstellung, die den einstigen Andenkönigen derzeit im Lokschuppen Rosenheim gewidmet ist. Francescos Lächeln wird noch breiter: „Sie werden sehen: Peru ist das faszinierendste Land der Welt!“ Rund 15 Flugstunden später komme ich bei Sonnenuntergang dort an.

Am Morgen zeigt sich Lima in weiß-grauem Licht. „Das liegt am Humboldtstrom. Seine Kälte, verbunden mit unserer warmen Luft, macht diesen Dunst“, erklärt Margerita, die vor vielen Jahren am Münchener Goetheinstitut Deutsch studierte und nun als Reiseleiterin arbeitet. Die Hauptstadt Perus, mit rund 8,5 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Wüstenstadt der Welt, sieht eher selten klare Sonne, dafür regnet es auch nie und dennoch können viele Pflanzen von der Luftfeuchtigkeit leben. Nachmittags habe ich Glück: Gerade als ich im Liebespark bin, zeigt sich strahlende Sonne und eröffnet mir den Blick von der Klippe auf der Lima erhöht über dem Meer liegt, weit über die langgezogene Meeresbucht.

Im außerhalb des historischen Zentrums gelegenen Museo Larco, das die größte Privatsammlung präkolumbischer Kunst birgt, betont Margerita, dass die Inka-Herrscher, ihr imperiales Reich mit einer Länge von rund 5000 Kilometern in weniger als 300 Jahren aufbauten. Dies sei aber nur deshalb möglich gewesen, weil sie auf dem Wissen der Vorgänger-Kulturen aus dem Norden, dem Hochland und vom Titicacasee aufbauten und von ihnen jeweils das Beste übernahmen. Die überwältigende Ausstellung verdeutlicht dies an Textilien, Keramiken sowie Gold- und Silberschmuck aus über 3000 Jahren peruanischer Zeitgeschichte mit Schwerpunkt der Moche-Kultur.

 

Gut vorinformiert geht die Reise zunächst nach Tujillo in den Norden.

Am Plaza de Armas, der sich in einem Stilmix aus Kolonialzeit, Barock und Moderne zeigt, sprudelt abends das Leben. Eng umschlungene Paare schlendern durch die von Obstverkäufern gesäumten Straßen. Restaurants halten einladend die Türen geöffnet. Die peruanische Küche ist eine der vielfältigsten der Welt! Dank dem Reichtum an Fisch, Gemüse, Getreide und Obst kann man gut auf die beliebte Delikatesse Meerschweinchen verzichten.

Allein 4000 verschiedene Kartoffelsorten gibt es in Peru, die beispielsweise als causa – gefüllte Kartoffelbreitorte – auf den Teller kommen. Dazu wird Chicha getrunken, vergorenes Maisbier oder Pisco sour, ein Cocktail aus Weintraubenschnaps, Zuckersirup, Limettensaft, Eiweiß und Angostura.

Zuviel sollte man nicht davon trinken, will man die archäologische Zone von El Brujo besuchen. 70 km lang führt die ungepflasterte  Straße durch ein Sumpfgebiet, das bereits zu Mochica-Zeiten (250-800 n.Ch.) kanalisiert und urbar gemacht wurde. Heute wächst hier fast ausschließlich Zuckerrohr, aus verbliebenen Süßwassergumpen ragen Binsen. Unser Ziel heißt Huaca de Cao, Hexertempel. Der stufenförmige Bau der einst hier lebenden Priester und Schamanen erzählt  in seinen freigelegten Reliefbildern von Opferungen und Ritualkriegen. Völlig eins mit der Natur waren die Moche davon überzeugt, die Götter dadurch gnädig stimmen zu können. Spektakulärstes Fundstück des angrenzenden Museo de Cao, ist die tätowierte Mumie der Señora de Cao. Man geht davon aus, dass sie als wichtige Priesterin vor rund 1700 Jahren das Chicama Tal regierte.

„Aus etwa der gleichen Epoche stammen auch die Sonnen- und Mondpyramide, deren farbenprächtige meterhohe Reliefs teilweise erst in jüngster Zeit freigelegt wurden“, erklärt Margerita.

Auf dem Weg nach Chan Chan zeigen uns Fischer, wie man damals wie heute Schilfboote aus den geschnittenen, getrockneten Binsen fertigt.  Aus vier Bündeln werden die “Caballitos de Totora” in einstündiger Arbeit zusammengefügt und dienen dann rund drei Monate lang um aufs Meer zu fahren. Vom Leben am Meer erzählen auch die Abbildungen der Lehmstadt Chan Chan. Als größte ihrer Art wurde sie zwischen 12. und 14. Jh.n. Ch. von den Chimú errichtet und 1986 zum Weltkulturerbe erklärt. Eigentlich war die Pilgerstadt, in deren Blütezeit dort bis zu 60 000 Menschen lebten, eine große Verwaltungsstadt. Hier lebten der König und die Priester, es gab Zitadellen, große Lager und Gemeinschaftsküchen.  Die Restauration der von Überschwemmungen und Erdbeben zerstörten Stätte wird wohl noch lange andauern.

Angefüllt mit Eindrücken aus präinkaischer Zeit, geht es zurück in die Metropole Lima. Neben demhistorischen Zentrum mit der Plaza San Martín, Plaza Mayor und der Kathedrale des Klosters Santo Domingo, in dem 1551 die erste Universität des Kontinents gegründet wurde, zeigt sich der Stadtteil Miraflores mit Boutiquen, Bars und Hotels von seiner modernen Seite.

Zum Mittagessen führt mich Margerita auf eine Hacienda, etwas außerhalb der Stadt. Es wird begleitet von einer Dressurvorführung der typischen  “Caballos de paso”, einer peruanischen Pferderasse, die sich durch eine ganz besondere und beeindruckende Gangart auszeichnet.

Ganz nahe, im südlichen Lurin-Tal liegt auch die Lehmstadt Pachacamac. Bereits weit vor den Inka gegründet, wurde sie später von ihnen erobert. Das Heim des gleichnamigen Schöpfergottes, das als das meist verehrte Orakel der Andenwelt galt, strahlt heute, zwischen fruchtbarem Land und Meer gelegen, eher eine Oase der Ruhe aus und lässt somit die einstige Bedeutung nur mehr erahnen.

Abends sehe ich mir noch Barranco an, ein spezielles Stadtviertel, das durch seine vielen kleinen Bars und kleine Restaurants besonders jugendliches Publikum anzieht. Bunte Lichter tauchen die Gebäude in ein märchenhaftes Licht und irgendwoher hört man immer Musik.

 

Noch einmal breche ich in andere Richtung auf, nach Cusco.

Marco Antonio empfängt mich, der hier mein Reiseleiter ist. Das Hauptzentrum der Inkas liegt auf 3400 Metern über dem Meer. Durch die Höhe machen sich Kopfschmerzen bemerkbar. „Du musst viel Coca-Tee trinken, das hilft“, empfiehlt Marco, der sich sein beinahe fließendes Deutsch selbst beibrachte!  Auf der Fahrt ins Hochtal eröffnet sich uns ein landschaftlicher Traum! Üppige Felder mit weidenden Schafen, blau-lila Berge oft mit weißen Schneespitzen gekrönt, ergänzen sich zu Stillleben. In Chincheros lerne ich alles über Alpakawolle, Spinnen, Färben und Weben nach traditionellen Methoden und Mustern und natürlich kaufe ich mir noch einen schönen, kuscheligen Schal bevor es weitergeht nach Moray.

Hier haben die Inkaherrscher eine Art „landwirtschaftliche Versuchsstätte“ eingerichtet: ein beeindruckendes, rundes Terrassensystem, auf dessen unterschiedlichen Höhen verschiedene Klimazonen für Anbauversuche nachgeahmt wurden. Ein durchdachtes System um zu erforschen, wo Getreide, Mais und Gemüse am besten gedeihen. Wenige Kilometer weiter liegen die Salinen von Maras. Salz wurde hier zwar schon vor den Inka von der entspringenden Solequelle gewonnen, aber die immense Anlage der heute fast 3000 Salzbecken, scheint doch ihr Werk zu sein. Um das traditionelle Dorf Willoc zu besichtigen, in dem man noch reines Quechua spricht und in der ursprünglichen Form des ayllu – der Dorfgemeinschaft- zusammenlebt, bleibt  leider keine Zeit, denn natürlich wollen wir von Ollantaytambo aus mit dem Zug nach Aguas Calientes. Von dort schraubt sich der übervolle Bus hoch nach Machu Picchu.

Atemberaubend ist der Blick auf die Sommerresidenz des Andenkönigs Pachacutec, der mit dieser Anlage Cusco erweiterte und hier den idealen Standort fand um dem Sonnengott Inti zu huldigen. Geblieben ist davon die Ruinenstadt als Teil des fast 33 000 Hektar großen Gebietes in Höhenlagen zwischen 2000 und 6000 Metern. Im UNESCO Kultur- und Naturerbe findet eine breitgefächerte Artenvielfalt an Fauna und Flora eine Schutzzone. „Die Inkas selbst sind wohl vor der Eroberung der Spanier in den Zufluchtsort Regenwald geflohen“, meint Marco. Entdeckt haben die Spanier Machu Picchu letztlich sowieso nie – Cusco hingegen leider schon!

Hier stehen heute auf den Grundmauern der einstigen Inkatempel mächtige Kirchen und Kathedralen. Viele davon sind geschmückt mit goldenen Altären – verziert mit dem einstigen Gold der Inkas. Eindringlichstes Beispiel ist neben der riesigen Kathedrale das Kloster Santo Domingo –  errichtet über den Resten des Sonnentempels Qoricancha, der sich der andinen Kosmologie nach „am Nabel der Welt“ befindet. Meine verwunderte Frage, warum so viele Einheimische in die Kirche gehen, beantwortet Marco klar: „Sie gehen nur dorthin, weil sie auf den Stätten unserer Ahnen stehen.“  Dass die Peruaner an ihren Wurzeln und Traditionen festhalten, erkennt man auch an zahlreichen Marktständen, die Opferschalen und Kultgegenstände für Rituale anbieten. Auch das alljährliche, Inti Raymi- Fest zur Wintersonnwende in den beeindruckenden Ruinen von Sacsayhuamán  zeugt von der Verbundenheit zu den Vorfahren.

Die Inkas gibt es nicht mehr, heißt es. Für mich steht fest: sie leben weiter in den traditionsbewussten, freundlichen Menschen dieses fruchtbaren, kontrastreichen Landes – denn sie sind die wahren Könige der Anden von heute!

 

Geheimtipp Choquequirao

Ein echter Geheimtipp ist Machu Picchus “Schwesterstätte” Choquequirao, zu Deutsch die „Wiege des Goldes”. Die Inkastätte wurde im 15. Jahrhundert auf majestätischen 3.085 Höhenmetern errichtet und gilt als letzte Bastion der Inka vor dem Zugriff der Spanier. Hier suchte Manco Capac mit seinem Volk Zuflucht vor den Eroberern. Durch die Lage zwischen Anden und Amazonas nimmt man an, dass Choquequirao einst als Bindeglied zwischen Cusco und den Völkern im Dschungel fungierte.

1834 wurde Choquequirao durch Einheimische wieder entdeckt, doch erst in den siebziger Jahren begannen die Ausgrabungsarbeiten. Bis heute wurde gerade ein Drittel der Stätte ausgegraben.

Anders als ihre Schwester Machu Picchu ist die Wiege des Goldes nur per pedes zu erreichen. Die Wanderung über die insgesamt 64 Kilometer dauert vier Tage, dabei werden fast 6000 Höhenmeter überwunden. Für frische Nächte im Zelt und den vergossenen Schweiß entschädigt der menschenleere Anblick von Choquequirao – während täglich 2.500 Menschen Machu Picchu besuchen, ist es in Choquequirao etwa die gleiche Zahl pro Jahr.

Und auch die Wanderung selbst ist ein lohnenswertes Erlebnis. Der Weg durch den Bergnebelwald führt vorbei an exotischen Pflanzen, durchquert reißende Flüsse und bei der Übernachtung im Zelt wiegt die Geräuschkulisse des nächtlichen Waldes den tapferen Wanderer sanft in den Schlaf. Neben tropischen Pflanzen gibt es auch exotische Tierarten wie Ozeloten oder Brillenbären zu sehen.

Während der letzten Etappe zeigen sich schon bald die ersten steinernen Terrassen, die sich den steilen Hügel hinaufwinden. Nach der Ankunft öffnet sich zunächst der Blick auf den großen Hauptplatz mit zahlreichen Überresten alter Steingebäude, die einst als Tempel, zu Verwaltungszwecken und als Werkstätten genutzt wurden. Weiter oben thront das Haus des Priesters und an den Wänden sind 25 bis heute sehr gut erhaltene Lama-Darstellungen zu sehen.
Der Eintrittspreis beträgt 55 Soles, umgerechnet rund 15 Euro. Zwar ist das Trekking selten ausgebucht, doch empfiehlt sich eine rechtzeitige Buchung, um den Wunschtermin zu sichern.

Weitere Informationen unter

www.peru.travel/de

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Alle Inhalte unterliegen dem Copyright und spiegeln lediglich die Meinung der Autorin wieder. Adelheid Wanninger, 2020